Lange wurde der Darm unterschätzt. Ihm wurde „lediglich“ die Aufgabe der Verdauung der vom Körper aufgenommenen Nahrung zugedacht. Aber in ihm passiert so viel mehr. Heute weiß man, dass er eines der wichtigsten Organe in unserem Körper ist. Wissenschaftler bezeichnen ihn sogar als das „Zweite Gehirn“, da sein Nervennetz völlig eigenständig agiert und sehr dem unseres Gehirns ähnelt.
Das längste Organ des Menschen
Der Darm ist mit ungefähr 7 Metern das längste Organ im menschlichen Körper. Ein Großteil seiner Innenwand ist wie eine Ziehharmonika gefaltet. Er liegt unterhalb des Magens gewunden im Bauchinnenraum. Nachdem die Nahrung Mund, Speiseröhre und Magen passiert hat, gelangt sie in den Dünndarm. Dieser besteht aus dem Zwölffingerdarm, dem Leerdarm, und dem Krummdarm. Der Dünndarm ist mit rund 5 Metern Länge der längste Abschnitt des Darms. Hier wird die Nahrung in ihre Einzelteile zerlegt, damit die Nährstoffe ins Blut aufgenommen werden können.
Der Zwölffingerdarm, auch Duodenum, ist der kürzeste Abschnitt mit ca. 25 Zentimetern. Er ist ungefähr zwölf Finger lang, daher auch sein Name, und C‑förmig. Außerdem hat er eine Verbindung zu Galle, Leber und Bauchspeicheldrüse. Sie liefert zusammen mit den Duodenaldrüsen Enzyme, mit denen die Nahrung zersetzt werden und der pH-Wert durch den alkalischen Schleim reguliert werden kann.
Im Leerdarm, dem Jejunum, werden die Nährstoffe sondiert und ins Blut aufgenommen. Er ist ca. 250 cm lang. Das Jejunum liegt geschwungen im Bauchraum. Seine Wände sind faltig und mit verschiedenen Drüsen versehen. Die doppelte Muskelschicht an den Darmwänden ist mit einer Schleimhaut bedeckt, die dafür sorgt, dass die zerlegten Bausteine der Nahrung über die Zotten im Blutkreislauf aufgenommen werden können.
Der letzte Teil des Dünndarms, der Krummdarm oder Ileum, ist ungefähr 300 cm lang und endet im Unterbauch im Dickdarm. Er ist weniger faltig und hat dadurch weniger Oberfläche als das Jejunum. In ihm befinden sich Lymphfollikeln. Sie regeln das Immunsystem, indem sie Keime aufspüren und abwehren.
Durch die Ileozäkalklappe gelangen die Nahrungsreste nun in den Dickdarm. Auch dieser besteht aus drei Teilen, dem Blinddarm, mit Wurmfortsatz ca. 9cm lang, dem Grimmdarm und dem Mastdarm. Der Dickdarm umrandet den Dünndarm und breitet sich von unten rechts über den gesamten oberen Bauchraum hin nach unten links aus.
Der Grimmdarm, auch als Kolon bekannt, wird durch Längs- und Ringmuskeln stets in Bewegung gehalten. In ihm werden dem Nahrungsbrei Wasser und Elektrolyte entzogen. Bakterien wandeln Bestandteile um und spalten pflanzliche Faserstoffe auf. Es werden die Vitamine B7 und K produziert. Auf seinem Weg durch das über einen Meter lange Kolon wird der Stuhl eingedickt und mit einem Schleim versehen, bevor er dann in den letzten Teil des Dickdarms, den Mastdarm, auch Rectum genannt, weitergeleitet wird. Dort wird der Stuhl bis zu 20 Std. gelagert, um dann über den After ausgeschieden zu werden.
Die Darmflora
In unserem Darm befinden sich Milliarden von Bakterien, die sogenannten Darmflora. Diese Bakterien sind zuständig für unser umfassendes Wohlbefinden. Wie die Wissenschaft durch zahlreiche Untersuchungen feststellte, hat sie nicht nur großen Einfluss auf unsere Gesundheit, sondern auch auf unsere Psyche. Die Darmflora wird durch alle möglichen Bakterien und Keimen, mit denen wir in Berührung kommen, beeinflusst. Sie ist von Mensch zu Mensch verschieden und einzigartig, wie ein Fingerabdruck. Außerdem kann sie positiv und negativ beeinflusst werden, je nachdem, was wir essen oder trinken. Besonders glücklich macht man den Darm mit einer ausgewogenen, hauptsächlich basischen Ernährung. Leider spielen auch Medikamente eine große Rolle, denn z.B. Antibiotika können die Darmflora nachweislich zerstören. Eine Wiederherstellung kann viele Wochen dauern.
Warum wird der Darm auch das zweite Gehirn genannt?
Der Darm hat ein eigenständiges Nervennetz aus ca. 100 Millionen Neuronen, das enterische Nervensystem, ENS. Dieses regelt alles, was mit der Verdauung, dem Bewegungsablauf der Muskulatur und der Verarbeitung der Nährstoffe zu tun hat. Es besteht aus dem gleichen Zelltyp wie das Gehirn. Gleichzeitig arbeitet es über den Nervus Vagus in ständiger Kommunikation mit dem Gehirn zusammen. So wird ein Hunger- oder Sättigungsgefühl übermittelt. Bei der Aufnahme verdorbener Lebensmittel, zum Beispiel, alarmiert das „Bauchgehirn“ das Gehirn über die Gefahr einer Vergiftung. So kann das Gehirn reagieren, indem es motorische Reflexe sendet. Man scheidet das Gegessene mit allen toxischen Stoffen wieder aus.
Auch unsere Emotionen beeinflussen den Darm. So sprechen wir bei freudiger Erregtheit von Schmetterlingen im Bauch oder einem flauen Gefühl im Magen, wenn wir uns unwohl und ängstlich fühlen. Umgekehrt kann auch das, was wir essen, durch die Darm-Hirn-Achse Einfluss auf unsere Psyche haben. So wird z.B. auch das Gewebshormon Serotonin im Darm hergestellt, das dort für eine gute Verdauung sorgt. Im Gehirn ist dieses Gewebshormon für Glücksgefühle zuständig und sein Mangel kann eine der Ursachen für Depressionen sein. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem Zusammenhang stecken allerdings noch in den Kinderschuhen.
In der traditionellen chinesischen Medizin wird schon seit Jahrhunderten mit ganzheitlicher Medizin behandelt. Dazu gehört auch das Prinzip der Fünf-Elemente-Lehre, die die Elemente Erde, Metall, Wasser, Holz und Feuer in die Ernährung mit einbindet. Sie stehen für fünf verschiedene Geschmacksrichtungen und sind verschiedenen Organen zugeordnet. Der Geschmack eines Lebensmittels bestimmt dessen Wirkungsweise.
Die tägliche Wasserzufuhr unterstützt den Darm in seiner Tätigkeit, da zwischen seinem Inhalt und der Darmwand ein reger Wasseraustausch stattfindet. Es werden ca. 9–10 Liter Flüssigkeit vom Körper benötigt, um den Nahrungsbrei aufzuweichen, ihm dann die Nährstoffe zu entziehen und diese schließlich in die Zellen aufzunehmen. Das berühmte Glas mit warmem Wasser am Morgen regt die Darmtätigkeit und damit die Verdauung an. Viele kleinere Beschwerden, wie Blähungen, lassen sich anstelle eines Medikaments durch das Trinken von Wasser lösen. Wasser und warme, ungesüßte Getränke beruhigen den Darm. Sollten die Symptome allerdings länger andauern, ist es wichtig einen Arzt aufzusuchen, um die Ursachen genau festzustellen.
Quelle zum Thema enterisches Nervensystem: Unser zweites Gehirn – das Bauchgehirn